Der therapeutische Prozess

Wer einen Weg zu schnell geht, muss ihn zweimal gehen
(Chinesisches Sprichwort)

Psychotherapie fokussiert, im Unterschied etwa zu Coaching, welches kürzer, ziel- und lösungsorientiert ist, auf tiefer liegende Prozesse und Entwicklungen, die Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen.
Eine andere Metapher für den Verlauf des therapeutischen Prozesses kommt in der folgenden Weisheit, gleich einem weisen Rat, zum Ausdruck: „Wenn du schnell sein willst, geh langsam“. Psychische Muster, die in der Tiefe liegen, kaum zugängliches Unbewusstes, sich Wiederholendes und selbstverständlich Gewordenes, kurz: persönliche Muster, lassen sich nicht im Handumdrehen verändern. Dies braucht Zeit, Raum und die Öffnung der KlientIn wie der TherapeutIn im Geschehen. Diese einzigartige, weil therapeutische Beziehung, ist zugleich das Movens, das, was Eingefrorenes bewegt. In dieser Interaktion geht es vor allem darum, die Dynamik von Wiederholungen und Abwehrmechanismen gemeinsam herauszuarbeiten, gleich archäologischen Grabungen, Schicht für Schicht vorsichtig abzutragen sowie neue Wege zu entwerfen und einzuschlagen. Das Ende dieses Prozesses wird im Verlauf von KlientInnen und TherapeutInnen gemeinsam ausgemacht und gestaltet. Das Setting umfasst in der Regel eine wöchentlich stattfindende Sitzung in der Dauer von 50 Minuten.

Niemand kann einen Weg für jemanden anderen gehen. Eigenständigkeit in professioneller Begleitung schafft ein Außen, eine Instanz, die keine Eigeninteressen verfolgt. Die Aufmerksamkeit ist ausschließlich auf die Klientin, den Klienten gerichtet, ihre bzw. seine Themen, Beziehungsdynamiken. Respekt und Verschwiegenheit gehören nicht nur zur Berufsethik und den gesetzlich verankerten Berufspflichten von Psychotherapeutinnen und -therapeuten, sie sind zugleich Basis für die Entwicklung einer vertrauensvollen Beziehung zwischen TherapeutIn und KlientIn.

Es sind zumeist Leidenswege, die in eine therapeutische Praxis führen. „Diagnosen“ sind in meinem Verständnis historisch, kulturell situierte Beschreibungen von Erscheinungsformen, von Symptomen, die demnach wandelbar sind und jeweils in einer bestimmten Zeit und Kultur verallgemeinert und damit standardisiert werden. „Diagnosen“ sind dann wie Wegweiser auf unbetretenen Pfaden: Sie geben eine erste Orientierung ab auf Basis erfahrbarer Anzeichen.  Sie weisen in eine mögliche Richtung der Suche. Man kann Diagnosen auch als Krücken bezeichnen, die immer neuen Modellen folgen und die gesellschaftlichen Konjunkturen unterliegen, die aber zugleich notwendig sind für die Fortbewegung.
Stichworte / Diagnosen: Ängste, Beziehungskonflikte, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Stress-Syndrome, Traumata, Veränderungs/Krisen, Abhängigkeitssyndrome, Sucht, Zwänge u.v.m.